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Künstler : Roxane Borujerdi, Chloé Dugit-Gros, Adrien Vescovi, Alexandre Gérard, Yannick Papailhau, Laure Vigna, Grégoire Motte, Gilles Pourtier, Guillaume Gattier, Hélène Juillet / Datum : Oktober-Dezember 2012 / Ort : Forum für Kunst und Architektur (Essen) / Groupshow / Kurator : Jean-Christophe Arcos, mit Axelle Galtier und Gilles Desplanques / Produzent : Jean-Christophe Arcos / Deutsch-Französisches KulturZentrum Essen / Forum für Kunst und Architektur ///

Diese Ausstellung steht natürlich für eine Freundschaft, für die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich, zwischen Deutschen und Franzosen, für die Freundschaft
zwischen Deutschen Künstlern, die uns in ihren Ausstellungsräumen aufnehmen, und Französischen Künstlern, die ab heute ihre Arbeit mit Ihnen teilen werden.

Diese Ausstellung setzt sich über geografische Grenzen hinweg und bringt Essen und Marseille einander näher. Und sie überschreitet zeitliche Begrenzungen, denn sie strebt die Aktualisierung eines ästhetischen Erbes an, das nunmehr zum Weltkulturerbe gehört und das die heutigen Künstler weiterführen, indem sie es in ihre Ausdrucksformen einbeziehen.

In seiner Theorie, seinen Zielstellungen, seinen Formen und seinen Methoden war das Bauhaus ein Bezugspunkt für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts mit ihrer zahlreichen Nachkommenschaft. Die Arbeiten der hier vorgestellten französischen, fast ausschließlich aus Marseille stammenden Avantgarde verkörpern in diesem Sinne dieses Erbes.

Ein Erbe, das jedoch auch ambivalent ist: Das Bauhaus bildete die Utopien seiner Zeit ab, mit denen man heute umgehen und spielen kann, die man verwendet und verehrt – und in gleichem Maße auch entstellt, denn die utopische Intention am Beginn des 20. Jahrhunderts wurde nach und nach von einer „modernistischen Illusion“ abgelöst.

So haben die hier ausgestellten Werke auch nicht immer einen unmittelbar erkennbaren Bezug zur Gropius-Schule: Einige verwenden ihre Zeichen, um sich andere Räume besser zu erschließen, Andere verwenden sie in Kompositionen mit vielfältigen Bezugspunkten, wieder Andere stoßen zum Kern des Themas vor, indem sie sich ganz dieser Zeichen entledigen.

In diesem Sinne kann man von Eigenbau sprechen: Diese Avantgarde, die sich in Europa, besonders in Frankreich und in Deutschland, entwickelt und den großen kulturellen Zentren wie Essen und Marseille, Paris und Berlin ihr Gepräge gibt, beherrscht alle Techniken eines avantgardistischen Jahrhunderts, und sie bedient sich ihrer, um sie im Dienste ihrer eigenen Erzählung und zur Weiterführung einer auch aus Brüchen bestehenden Geschichte zu modulieren.

Auf Ihrem Weg durch das Kunstforum können Sie sich der großen Vielfalt unterschiedlicher Szenarien und Räume aussetzen und neue Verbindungen und Wechselwirkungen entdecken. Mit den hier ausgestellten Objekten haben die zehn heute persönlich anwesenden Künstler Roxane, Chloé, Guillaume, Alexandre, Hélène, Grégoire, Yannick, Gilles, Adrien und Laure die sie bewegenden ästhetischen Fragen aufgeworfen und damit ein kulturelles Erbe weitergeführt, das alles andere als abgehoben ist.

Roxane Borujerdi
Roxane Borujerdis Arbeiten zeichnen sich durch ihre Unmittelbarkeit aus, mit der sie sich dem Betrachter darbieten: eine „Abweichung von Nähe“, eine Diskrepanz zwischen scheinbarer Spontaneität und akribischer Umsetzung. In ihrer Märtyrer-Serie stellt Roxane Borujerdi geduldig die Blessuren von Holzbrettern zur Schau, die ehemals als Schnittunterlagen dienten. Die unwillkürlich von den früheren Eigentümern verursachten Kerben verfärben sich und werden zu Skulpturen oder Bildern. Roxane Borujerdis Werke, die aus Zeichnung, Formverzerrung und –verlängerung entstehen, sind ebenso kontextuell wie sie auf den ersten Blick abstrakt anmuten. Obgleich ihr Werk von
geometrischen Formen geprägt ist, finden diese in metaphysischer Hinsicht keine Verwendung.

Chloé Dugit-Gros stützt ihre Arbeit auf das bildhauerische Repertoire geometrisch-abstrakter moderner Malerei. Das Raster – laut Denys Rioult ein Zeichen von Modernität – taucht in ihren Werken wiederholt auf. Die Formensprache eines verzerrten Spielbretts oder Gitters erzählt die Geschichte der Kunst und ist jenseits der Überwindung künstlerisch-sozialer Utopien persönlicher Ausdruck von Subjektivität, in deren Mittelpunkt die Eigenständigkeit der Kunst steht.
(Céline Ghisleri)

Guillaume Gattier bedient sich der Grundsätze der Enthüllung, Spannung und progressiver Entspannung: die geschaffenen Teile werden aktiviert und legen als verbleibende Spur Zeugnis von einer oftmals fragilen Geste ab. Beim Durchblättern des Buches Impression d’impact (Eindruck der Auswirkung) entfernt sich der Betrachter schrittweise von der ersten Seite, auf der die Folgen eines Hammerschlags zu erkennen sind. Die Spuren werden immer undeutlicher, je weiter sich der Betrachter von der ersten Einschlagstelle entfernt. Dieses Spiel mit Oberflächen zeugt auch von der Unmöglichkeit, Räume in Besitz zu nehmen: einzig ein räumlicher Abdruck ist möglich.

Alexandre Gérard verändert Wahrnehmung und Erwartung auf feinsinnige und zugleich klinisch exakte Art: indem er eine falsche Schwelle baut, einen öffentlichen Spiegel erfindet, eine unechte Stufe als Trompe l’oeil in den Ausstellungsraum hineinmalt, ruft er eine kaum spürbare Verunsicherung der räumlichen Wahrnehmung hervor, eine nur wenige Sekunden andauernde Verwirrung, ein leichtes Zögern. In der Fähigkeit, die flüchtige Geste mit der Verzerrung des Wirklichen zu verbinden, drückt sich die von seiner Arbeit geschaffene Diskrepanz aus.

Hélène Juillet
In der Konfrontation des Materials mit der ihm eigenen physischen Herausforderungen stützt sich Hélène Juillet auf Spiele und Formen, um Materie auf unterschiedliche Weise begreifbar zu machen. Die von ihr geschaffenen Konstruktionen befinden sich stets in einem prekären Gleichgewicht, so als könnten sie jederzeit einstürzen oder zerfallen. Derart schwebend im Raum gehalten ähneln diese im Werden begriffenen Objekte einzigartigen Architekturgebilden, die darauf warten, in Betrieb genommen oder dem Verfall preisgegeben zu werden.

Grégoire Motte
Die Ellipsen, Wortspiele und Metonymien in den Arbeiten von Grégoire Motte rufen unpassende Gegenüberstellungen wach: seine Werke können als Fundstücke begriffen werden, während jede Umgestaltung in diesem poetischen Prozess den Kompositionen eine neue Bedeutung verschafft. Der unterschwellige Humor wird zu einem Mittel, der ebenso von der Dramaturgie wie der konzeptuellen Arbeit des Künstlers zeugt.

Yannick Papailhau
Die Werke von Yannick Papailhau, die sich mit den Themen Experiment und Reise auseinandersetzen, ähneln einer Serie fantastischer Erzählungen, in denen die allgegenwärtige Wissenschaft gänzlich ihres Inhalts beraubt wird, um einzig und allein einer Aneinanderreihung von abenteuerlichen Experimenten zu gleichen. Methodische Strenge ist das Ergebnis von genauen Überlegungen, verrückte Postulate reihen sich wie ein lückenhafter Syllogismus zugunsten einer persönlichen Annäherung an die Wirklichkeit (bzw. einer Distanzierung von der Realität) aneinander.

Gilles Pourtier bedient sich in seiner künstlerischen Arbeit der Zeichnung, Fotografie, Installation und Siebdrucktechnik, um auf diese Weise Aspekte einer Forschungsarbeit über die Gestalt der Wirklichkeit zusammenzuführen. Architekturformen, Materialien und naturbelassene oder allegorische Objekte bilden einen umfassenden Bestand, anhand dessen sich der Künstler schrittweise seine Umgebung eigen macht und ihr auf diese Weise eine phantasmatische und geheimnisvolle Dimension verleiht.

Adrien Vescovi

Mit seinen Performances, Zeichnungen und Installationen hinterfragt Adrien Vescovi den Begriff der Abgrenzung und sucht die Gegenüberstellung zwischen Möglichkeit und Unerfüllbarkeit. Seine Spielboxen sind nur ein Vorwand, um eine Wand zu berühren, sich mit den Oberflächen und Umrissen von Dingen auseinanderzusetzen. Indem er den zeremoniellen Aspekt seiner Werke unterstreicht, setzt der Künstler sie spielerisch in Szene: Ernst, Zauber, Tiefe nähern symbolische Ebenen einander an in dem scheinbaren Bemühen, in einer heilsamen Geste die Leere von Ritualen zu unterstreichen, in denen spielerische Formen und künstlerischer Gestus miteinander einhergehen.

Laure Vigna
Laure Vignas Arbeit erschließt sich in Form von Plänen. Die von Linien bestimmten Werke der Künstlerin – Rahmen, Tische, Regale – weisen auf räumliche Abgrenzungen hin. Sie bearbeitet Holz bis in seine feinsten Abstufungen – Blätter aus Holz oder Papier – und unterstreicht derart die Stärken und Schwächen lebender Materie. Der sich dahinter verbergenden Formenschärfe misst Laure Vigna besondere Bedeutung zu. Das Reliefmotiv wiederholt sich wie ein Topos, wird zur Genese und Vorbedeutung topografischer Varianten, die symbolisch die Linearität des Themas durchbrechen.
(Elisa Rigoulet)

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